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Antibiotikum bei Blasenentzündung?

Antibiotikum ja oder nein? - Diese Frage stellt sich bei Patientinnen, die mit einer Blasenentzündung in die Arztpraxis kommen. Eine aktuelle Studie belegt: in den meisten Fällen genügt ein entzündungshemmendes Schmerzmittel.

Blasenentzündungen sind eine der häufigsten Gründe für die Verordnung von Antibiotika bei Frauen. Bisher verschrieben Ärzte die antiinfektiösen Medikamente, sobald sich Bakterien im Urin zeigen. Inzwischen stehen pauschale Antibiotikaverschreibungen dieser Art auf dem Prüfstand, da sie Antibiotikaresistenzen begünstigen. Ob die sofortige Verabreichung von Antibiotika tatsächlich besser ist als eine bedarfsangepasste, untersuchten Dr. Ildikó Gágyor und Professorin Dr. Eva Hummers-Pradier vom Institut für Allgemeinmedizin der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). Sie führten die Studie gemeinsam durch mit Dr. Jutta Bleidorn, Leiterin des Instituts für Allgemeinmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH).

Patientinnen erhielten per Zufall Antibiotika oder Schmerzmittel

Die Studie fand zwischen 2012 bis 2014 in insgesamt 42 norddeutschen Arztpraxen statt. Die knapp 500 Testpersonen wurden nach dem Zufallsprinzip zwei Gruppen zugeordnet. Das erste Team erhielt sofort Antibiotika, die zweite Gruppe entzündungshemmende Schmerzmittel. „Ziel der Studie war es zu prüfen, ob bei unkomplizierten Harnwegsinfekten die Beschwerden allein mit einem Schmerzmittel behandelt werden können, während die Infektion von selbst abheilt“, erläutert die Studienleiterin Dr. Ildikó Gágyor. „Damit wollten wir auch zu einem rationalen Einsatz von Antibiotika beitragen."

Schmerzmittel genügt in 60 Prozent der Fälle

Bei der Auswertung zeigte sich: Zwei Drittel der Patientinnen, die nur ein Schmerzmittel eingenommen hatten, wurden ohne Antibiotika gesund. Zwar entwickelten Testpersonen aus dieser Gruppe häufiger eine Nierenbeckenentzündung. Allerdings war der Unterschied so gering, dass er sich nicht in der Statistik niederschlägt. In einer weiteren Studie wollen die Forscherinnen untersuchen, woran Risikopatienten für Nierenbeckenentzündungen zu erkennen sind und welche Behandlung für sie die Beste ist.

Entscheidung liegt teilweise beim Patienten

Bei Frauen mit leichter bis mittelschwerer Blasenentzündung genüge es bereits, Krankheitssymptome wie Schmerzen und Entzündung zu behandeln, schlussfolgert Professorin Dr. Eva Hummers-Pradier. Im Einzelfall liege die Entscheidung bei Arzt und Patienten. „Wie zum Beispiel in Großbritannien üblich, kann auch eine sogenannte „delayed prescription“ erwogen werden,“ ergänzt Professorin Eva Hummers-Pradier. „Das heißt, Patientinnen erhalten ein Rezept für ein Antibiotikum, das sie einlösen können, falls sich die Beschwerden nicht bessern." Experten gehen davon aus, dass das Forschungsergebnis die offiziellen Behandlungsempfehlungen für Blasenentzündungen verändern wird.

22.01.2016 | Susanne Schmid/ Medizinische Hochschule Hannover